1922

Zwischen 1. und 6. Jänner.

 

Gnadenstunde in der Schlosskapelle. Ich hielt meine Betrachtung rechts an der Comunnionbank unter dem großen Kreuz, über die Berufung der hl. 3 Könige und ihr entschiedenes Folgen, ihr mutiges Suchen – ihr Aufbruch aus der Heimat alles verlassend und die mühevolle Reise unter so grossen Schwierigkeiten.

Diese bekannte schon so oft gelesene Stelle des Evangeliums machte auf mich diesesmal einen aussergewöhnlichen tiefen Eindruck. In dem Verlangen auch dem Rufe Gottes so mutig und treu und entschieden zu folgen verglich ich meinen Weg mit den ihren.

Hindernisse – Schwierigkeiten, der Stern ist oft fort und dennoch kommen sie ans Ziel zur Anbetung des göttl. Kindes. Ich horchte auf die innere Stimme, die mir deutlich ins Herz hineinlegte: „Folge treu dem Stern der Gnade den ich Dir heute zeigen werde.“

So fasste ich den Vorsatz den kleinen Sternen der täglichen Pflichtreue besonders aufmerksam zu folgen. Etwas Grosses wird ja für mich wohl kaum in Frage kommen.

Mit innerer Aufmerksamkeit führte ich den Vorsatz aus. Gleich an der Kirchentür kommt ein Fräulein die mir manchesmal lästig und weniger sympathisch war. Dem Stern folgend hörte ich sie diesmal geduldig und freundlich an. Sie drängt mir die Zeitschrift „Stadt Gottes“ auf, ich soll sie ja halten und lesen. – Abends sitze ich mit meiner Mutter beisammen nicht mehr an den „Stern“ denkend. Sie spielt Klavier „Wiener Walzer“ und ich denke mir auf einmal. Die Zeitschriften die man hält, bes. die Katholischen sollte man doch auch immer lesen! Aufschlagend fällt mein Blick auf ein Bild: Zwei weisse Klosterfrauen anbetend vor dem Allerheiligsten – etwas weiter die 3 Könige auf Reisen. Zu gleicher Zeit innerer Hinweis: Das ist der Stern dem du folgen sollst.

Mutter Maria Annuntiata Chotek, Gründerin der Kongregation von der Heiligsten Eucharistie

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